Die gesellschaftliche Akzeptanz von Tätowierungen steigt weltweit an und beschert den Tätowierern bis heute ein krisensicheres Geschäft. Doch spätestens wenn man sich mit dem Gedanken an eine teilweise oder vollständige Tattooentfernung beschäftigt, stellt sich auch die Frage der gesundheitlichen Auswirkungen einer solchen Entfernung. Bisher stand lediglich die Frage nach Narben im Vordergrund doch bekanntlich kann kein Konzept von sich behaupten, dass die Entfernung garantiert narbenfrei erfolgt, auch wenn dies bei vielen Methoden und Behandlungen der Fall ist. Immerhin spielen Faktoren wie der eigene Gesundheitszustand, der sorgsame Umgang der behandelten Stelle mit Reibung, Sonneneinstrahlung und Pflege eine große Rolle für das zu erzielende Ergebnis.
Seit geraumer Zeit beobachtet das BfR (Bundesamt für Risikobewertung) Tattoofarbe mit zunehmender Sorge. Es waren allerdings die französischen Überwachungsbehörde für Medikamente (ANSM – Agence National de Securité du Médicament) die am 1.1.2014 mit einer ministeriellen Verfügung insgesamt 9 von 10 Tattoofarben (49 Pigmente) verboten hat. Somit ist anzunehmen, dass in Kürze auch in Deutschland Reaktionen erfolgen werden, denn auch hierzulande geraten die Tattoofarben immer stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung. Was wirklich in Ihnen steckt und welchen Gefahren sich Tätowierte aussetzen verwundet selbst Kenner der Materie. Nachfolgend hat Dr. Gassner, ein Dermatologe aus Feldkichen, Österreich aus den international öffentlich zugänglichen Unterlagen das Wichtigste zusammengetragen.
Sicherheit und Herkunft von Tattoofarben
90 % der Pigmente in Tattoofarben werden aus Indien bezogen. Innerhalb der EU gibt es keinen Hersteller von Tattoofarben mehr, nur noch Vertriebsfirmen, die abfüllen, etikettieren und die Farben unter Ihren Labels vertreiben. Aus diesem Grund ist eine Nachverfolgung ohne chemische Analyse der Tatoofarben nicht aussagekräftig.
Heutzutage weiß kein Tattooträger mit welcher Farbe er behandelt wurde bzw. was in der Farbe enthalten ist. In der Regel weiß das auch der Tätowierer nicht. Gemäß der in Deutschland geltenden Europäischen Kosmetik Direktive, sowie der deutschen Tätowiermittelverordnung müssen Tätowierer für jede verwendete Farbe ein Sicherheitsdatenblatt vorweisen können, das der Kunde einsehen kann und auf dem die einzelnen Bestandteile der Tattoofarben verzeichnet sind. In der Realität findet das jedoch nicht statt und auch die Behörden kontrollieren diese gesetzliche Vorgabe kaum.
Eine Studie der Universität Northern Arizona hat jüngst festgestellt, dass die Bestandteile und Inhaltsstoffe der Farben verschiedener Hersteller völlig unterschiedliche Zusammensetzungen haben (Emma MORRIS, „Is Tattoo Ink Safe?“, BioED Online 2012). Isabelle CATONI, Dermatologin aus Paris schrieb hierzu am 30.11.2012 in der französischen Zeitschrift HuffPost „Einige asiatische Großhändler verwenden in Ihren Produkten Lacke oder poly-aromatische Wasserstoffe, damit die Farben leuchtender werden.“ Tätowierer stehen nämlich nicht nur im kreativen Wettbewerb zueinander, sondern auch hinsichtlich der Leuchtkraft Ihrer Tattoos. Daher verwenden die meisten Tätowierer ihre eigne „geheime“ Mischung, d.h. ein jeder fertigt seinen eigenen Farbcocktail. Nach der Anfertigung eines Tattoos lässt sich die Zusammensetzung der Tattoo Tinte kaum mehr feststellen.
Welches sind die Inhaltsstoffe der Tinte?
Kein Kunde, der sich tätowieren lässt, macht sich Gedanken über Zusammensetzung der Tinte. In der Regel unterhält man sich mit dem Tätowierer nur über das Motiv. In den letzten Jahren werden immer mehr wissenschaftliche Studien über die Zusammensetzung und Wirkung der Tattoofarben veröffentlicht. Dabei fällt auf, dass keine einzige Studie positive Erkenntnisse über Tattoofarben enthält. Die Liste der Zutaten ließt sich eher wir ein Rezept für Giftmischer als einen Beipackzettel für ein kosmetisches Produkt.
- Die Farbe schwarz enthält beispielsweise verschiedene Typen von Kohlenwasserstoffen (Erdöl Derivat) von denen die meisten krebserregend sind.
- In der gelben Farbe finden sich Spuren von Cadmium-Sulfit
- Die rote Farbe ist die gesundheitlich Gefährlichste, da sie neben metallischen Salzen, die allesamt toxisch sind, in geringen Mengen auch Quecksilber enthalten kann.
- In der grünen Farbe wurde häufig Kobalt gefunden (Veröffentlichung des Public Health, England, London 10.2012)
- In älteren Tattoos wurden auch Blei- und Chromverbindungen, Lithium und Kupfer gefunden.
- Laut einer Studie von Jorgen SERUP, Professor der Dermatologie an der Universität in Kopenhagen, wurden in 13 von 21 in Europa handelsüblichen Tätowiertinten krebserregende chemische Inhaltsstoffe gefunden.
- Die Kantonslabore Basel-Stadt und Aargau haben in Untersuchungen die am 29. Januar 2013 veröffentlicht wurden in 22 von 26 geprüften Tattoofarben, die bei routinemäßiger Überprüfung sichergestellt wurden, verbotene Farbpigmente und krebserregende Verunreinigungen gefunden.
- Obwohl die Farbpigmente selbst teilweise toxische Stoffe enthielten, fanden sich auch in den Trägersubstanzen gefährliche Stoffe wie z.B. denaturierter Alkohol, Methanol, Franzbranntwein, Frostschutzmittel, Waschmittel, Formaldehyd und andere toxische Aldehyd-Verbindungen. (Anne Marie Helmenstine, PH.D., Tattoo Ink Carrier Chemistry, About.com).
- Im Bericht der EU-Kommission für Gesundheit über die Risiken von Tattoos heißt es, dass fast 40 % der organischen Farbstoffe, die sich in den Tattoofarben befinden, noch nicht einmal für eine Verwendung auf der Haut (cutan) zugelassen sind und fast 20 % aus krebserregenden Aminen bestanden, die man in Schreibtinte, Druckertinte und in den Lacken findet die man üblicherweise im Automobilbau verwendet. (Workshop über « technical/sicientific and regulatory issues on the safety of tattoos, body piercing and of regulated practices » Europäische Gemeinschaft, 2003)
Konsequenzen für die Gesundheit – Der Preis der Ignoranz
Derzeit laufen wissenschaftliche Studien in nahezu allen EU Ländern so auch dem BfR (Bundesamtes für Risikobewertung), die von der EU Kommission koordiniert werden über die Zusammenhänge zwischen Tattoo Tinte und pathologischen Auffälligkeiten. Aufgrund des großen Umfanges und der mehrere Jahre dauernden Beobachtungszeiten werden genaue Ergebnisse erst in ein paar Jahren zur Verfügung stehen.
Allerdings kennt man bereits aus vielen klinischen Beobachtungen die Wirkung der Tattootinte auf den menschlichen Organismus. Die Nanopartikel können z. B. in den Blutkreislauf eintreten und zu Funktionsstörungen lebenswichtiger Organe führen. Mehrere Untersuchungen an lebenden und verstorbenen Personen ergab, dass in Lymphknoten tätowierter Menschen teilweise eine Palette bunter Tätowierfarben zu finden war, wobei die Gefäßöffnungen von innen verklebten und die Funktionsfähigkeit der Lymphen dadurch zumindest stark eingeschränkt sind.
Folgende primäre Auswirkungen sind bereit heute anerkannte Erkenntnisse und Stand der Wissenschaft:
- Die häufigsten Reaktionen sind Allergien
Besonders starke allergische Reaktionen treten bei Personen auf, die z.B. an Schuppenflechte und Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) erkrankt sind. Die französische Zulassungsbehörde für Medikamente ANSM in Paris warnte jüngst eindringlich vor dem Auftreten von Juckreiz, Schwellungen sowie Ekzemen nach Kontakt mit metallischen Pigmenten (s.o.)
Allergien treten auch oft in der Form von Nekrosen, Hperpigmentierung und hypertrophen Narben auf. Der Ordinarius der RATZ Klinik in Madrid und plastische Chirurg Dr. Francesco MANCINI arbeitet derzeit mit drei weiteren spanischen Kliniken an einer Studie, die die Zusammenhänge von durch Tattoofarben ausgelösten Allergien und dem Auftreten von hypertrophen Narben aufklären soll.
Allergische Reaktionen auf toxische Tattoofarbe die durch Nadeln in den Körper verbracht wurden können binnen Wochen, Monaten, ja sogar nach mehreren Jahren erst auftreten. Der auf darauf spezialisierte Pariser Dermatologe und Gutachter bei Gericht Dr. Jacques BAZEX ergänzt, dass einige allergische Reaktionen wie z.B. die Granulomatose oder Sarkoidose (entzündliche Erkrankungen von Gefäßen und Organen z.B. Gewebeknötchen in der Lunge) viel später auftreten können. Die Pseudo Lymphome (Lymphknotenvergrößerung) können sich sogar noch 32 Jahre nach der ursprünglichen Tätowierung pathologisch auswirken.
- Die Hautkrankheiten
Toxische Farbpigmente können Ekzeme, Schuppenflechten etc. … auslösen. Personen die bereits an diesen Hautkrankheiten erkrankt sind, sollten keine Tattoos stechen lassen, ansonsten können die Beschwerden chronisch werden oder auf andere Organe übertragen werden.
- Krebs
Laut Dr. Reinhard Dummer, Dermatologie am Unispital Zürich, können die in Tattoofarben gefundenen polyaromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) Leukämie, Lungen- oder Darmkrebs verursachen. Er warnt davor, dass eine Tätowierung eine Zeitbombe ist, denn der Träger ist den giftigen Chemikalien lebenslang ausgesetzt und man wissen nicht wann die Bombe platzt. Am EADV (European Academy of Dermatologe and Veneroloqy – Kluger N et al. Melanoma on tattoos: two cases from Finland. P 441, EADV 2013 in Istanbul) wurden Fälle von zwei finnischen Patienten vorgestellt auf deren älteren Tätowierungen sich jeweils ein asymmetrisches Melanom (Hautkrebs) entwickelt hatte. Bis heute wurden rund 50 Hautkrebsfälle auf Tattoos beschrieben, Tendenz steigend. Die meisten dieser Melanome entwickeln sich auf dunklen Tätowierungen, weshalb sie oft erst spät erkannt werden.
- Sekundäreffekte
Bisher wenig untersucht sind die Sekundäreffekte einer Tätowierung. Durch den vermehrten Kontakt mit einfachem Reinigungsalkohol (Sterilisation) erhöht man an der behandelten Fläche die Durchlässigkeit der Haut für Chemikalien, die dort ungehindert bis in den Blutkreislauf hinein transportiert werden können. Dies kann zu zellulären Mutationen in der Haut führen und Melanome (Hautkrebs) auslösen.
Ergebnis:
Wissenschaft und Ärzte sind sich einig, dass jeder der Tattoofarbe in seiner Haut trägt ein großes Risiko für seine eigene Gesundheit eingegangen ist. Es gilt als gesichert, dass auftretende Hautanomalien mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Toxizität der Tattoofarben zurückzuführen ist, zumindest ist dies in der Mehrzahl der Fälle nicht auszuschließen. Nur eine chemische Untersuchung der verwendeten Tattoofarben kann letztendliche Klarheit bringen.
Die dermatologischen Folgen seiner Handlung kann der Träger eines Tattoos allerdings überhaupt nicht abschätzen und das Langfristrisiko wird völlig unterschätzt, bedingt durch gesellschaftliche Banalisierung.
Das Ende der Tätowiererei wird das nicht bedeuten. Es wird zukünftig sicher gesundheitlich unbedenklichere Farben geben, jedoch hilft das nicht den Millionen von Tätowierten die Tattoofarbe zweifelhafter Qualität und Herkunft in ihrem Körper tragen. Wer sich ein solches Tattoo irgendwann einmal entfernen möchte, der sollte in erster Linie darauf zu achten, dass die gesamte toxische Farbe den Körper verlässt. Derzeit ist das in Deutschland nur mit der Skinial Methode möglich, da die Farbe bei der Laserbehandlung lediglich zerkleinert und im ganzen Körper verteilt wird. Für den Fall, dass bereits allergische Reaktionen oder gar pathologische Veränderungen diagnostizierbar sind, sollte in jedem Fall sofort ein Arzt hinzu gezogen werden der abwägt, ob eine Entfernung des Tattoos vertretbar ist oder besser auf einen Entfernung verzichtet werden sollte.
Zusammengestellt für Skinial von Dr. Reinhold Gassner, Dermatologe Feldkirchen, Österreich im Dezember 2013.